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Geschichte: Vor 75 Jahren – Nordlicht sorgte für Großeinsatz der Feuerwehren

Auf den Seiten der Oö. Nachrichten wurde im Jänner 2013 ein Artikel über “Nordlichter in Oberösterreich” veröffentlicht. Der Artikel stammt vom 26. Jänner 1938 und erschien in der damaligen “Tages- Post”.

Darin beschrieben wird die Wahrnehmung von einer Nordlichterscheinung aus den österreichischen Bundesländern und zahlreichen anderen Ländern. Dabei glaubten durch die Abendröte viele Menschen das es einen Großbrand in Ohlsdorf, Pinsdorf, Gmunden oder Gschwandt geben muss. Zahlreiche Feuerwehrmänner der umliegenden Feuerwehren rannten bereits zu den damaligen Gerätehäusern.

Im unten stehenden Artikel wurde das Original 1 zu 1 abgeschrieben. Ebenfalls finden Sie das Original HIER als Download.

 

TEXTAUSZUG der “Tages- Post” vom 26. Jänner 1938

Nordlichterscheinung über Europa.
Zahlreiche Wahrnehmungen in den Bundesländern.

Gestern, am 25. Jänner, brachten die Abendstunden zwischen 20 Uhr und 22 Uhr eine Himmelserscheinung, die in einer Reihe europäischer Länder, darunter auch Österreich, wahrgenommen werden konnte. Es handelt sich nach den übereinstimmenden Berichten über die Wahrnehmung um eine Nordlichterscheinung, über die Meldungen aus den österreichischen Bundesländern, dem Deutschen Reich, der Tschechaslowakei, aus Ungarn, Holland, der Schweiz und aus Frankreich, aus Norwegen, Griechenland und England vorliegen. Sie trat überall zuerst mit einem roten Schein, der örtlich zu Brandannahmen Anlaß gab und vielfach Feuerwehren alarmierte, auf und hatte dann Strahlenerscheinungen im Gefolge, die  wie von Scheinwerfern herrührend geschildert werden. Das bei uns außerordentlich seltene Phänomen scheint sich vom Norder her über das europäische Festland ausgebreitet zu haben und war sogar in teilen Griechenlands etwa eine Stunde lang zu beobachten. Die mit der erdmagnetischen Strömung in ursächlichen Zusammenhang gestandene Nordlichterscheinung maht isch auch im Rundfunkempfang überall deutlich geltend, und zwar in einer Folge von Störungen, die bis gegen 23 Uhr andauerten.

In Linz wurden die Wahrnehmungen wie sich aus einer Reihe aus an uns gerichteten Mitteilungen ergibt, ebenfalls in der Zeit von 20 Uhr bis 21:30  Uhr gemacht, ebenso in Wien. Aus dem Deutschen Reich liegen zahlreiche Meldungen aus Bayern und Schlesien  vor. In England litten besonders die Rundfunkübertragungen. Oslo berichtet, daß das Nordlicht in ganz Norwegen mit einem roten Schein von außerordentlicher Klarheit mehrere Stunden beobachtet werden konnte. Seit Menschengedenken erinnere man sich an keinen Nordlichtschein, der über Rjukan in dem Gebiet von Telemark mehrere Stunden wie das volle Tageslicht  leuchtete. Aus mehreren Städten des Peleponnes und Mazedoniens wird gemeldet, daß dort der Nordlichtschein etwa eine Stunde lang beobachtet werden konnte.

Unser Mitarbeiter in Ried i. I. schildert die Erscheinung wie folgt: Das Nordlicht war hier gegen 20.25 Uhr nördlich von Ried i. I. zuerst zu sehen. Der Himmel war im nu in flammende Röte getaucht und leuchtete in einer prächtigen Farbensinfonie, Lichtkegel, wie aus voielen Scheinwerfern ausgestrahlt, senften sich in die seltene Himmelsnacht, bald heller, bald dunkler werdend un ich schließlich über den ganzen nördlichen Himmel hinziehend. Gegen 21.15 Uhr verblaßte die Erscheinung allmählich. Besonders eindrucksvoll war das Phänomen in der Richtung Aurolzmünster, wo vor dem Markte eine dichte Nebelwand lagerte, zu beobachten. Kurz vor Beginn der Naturerscheinung wurde unter Annahme eines Brandes in Ried Feueralarm gegeben. Autoalarmzug und der Alarmzug der Brauerei waren sofort ausgefahren, machten aber in Aurolzmünster, nachdem sie die Nebelwand durchfahren hatten, wieder kehrt.

Kirchdorf a. d. Krems meldet: Die Erscheinung war hier um 20 Uhr als außergewöhnliche dunkle Röte am nördlichen Sternenhimmel erstmalig zu beobachten. Gegen die Vermutung, sie sei auf ein entferntes Großfeuer zurückzuführen, sprachen vom Umfang an die Strahlen, die gleich Scheinwerferbündeln radial von der Erde abstoßend in den Himmel strebten. Schließlich gelangte man durch die genaue Beobachtung zu Erkenntnis, das es sich bei dieser kosmischen Erscheinung um ein in unseren Breiten ungewöhnliches Polarlicht handelte, das um zirka 20.45 Uhr in seltener Intensität erstrahlte. Das gewaltige rotgebänderte und braperieartige Kreissegment erstreckte sich von Westnordwest über das nördliche sichtbare Ende der Milchstraße bis über das Sternbild des Großen Wagens (Ostnordost) hinaus. Die Leuchtkraft wechselte ständig zwischen einem mattdunklen Samtrosa bis grellem Rot und Orangenhell, währenddem der Horizont in auffallender hellblauer Farbe opalisierte. Die Erscheinung war in Kirchdorf a. Krems über eine Stunde sichtbar und verblaßte dann allmählich.

Aus Gmunden erfahren wir: Trotz der Abendstunden zog die Himmelserscheinung viele Menschen auf die Straße. Kurz nach 20 Uhr rötete sich der Himmel nordwestlicher Richtung, von Gmunden aus gesehen, und der Augenschein wies auf ein Großfeuer in Ohlsdorf hin. Die Röte wanderte rasch gegen Osten und das allgemeine Rätselraten ging dahin, ob in Ohlsdorf, Pinsdorf oder Gschwandt der Brand ausgebrochen sei. Die Röte wechselte ständig in ihrer Stärke und schien in ständiger Bewegung zu sein. Nach 20.15 Uhr sah man durch die Röte am nördlichen Himmel wie aus riesigen Scheinwerfern Strahler gegen den Himmel aufsteigen, die gleichsam das Firmament abtasteten. Erst nach 20.30 Uhr wurde durch ein Ferngespräch mit dem Feuerkogel Klarheit geschaffen, daß es sich um eine Nordlichterscheinung und nicht um ein Feuer handle. Die Röte stieg langsam gegen die Scheitelhöhe des Horizonts und nahm gegen 22 Uhr in einem großen Bogen von Nordwest gegen Nordost den nördlichen Himmel ein. In der Mitte hatte sich ein heller Stern gebildet, als wenn die Sonne im Norden aufginge. Der rote Bogen wandte sich immer mehr gegen die Scheitelhöhe des Firmaments, zeitweise nahezu erlöschend, zeitweise wieder stark aufleuchtend. Dazwischen sah man immer wieder vom Norden her ausgehend, helle Strahlen. Das Phänomen dauerte bis gegen 23.15 Uhr.  In Gmunden erregte das himmliche Ereignis größtes Aufsehen. Zuerst eilten Feuerwehrleute in voller Rüstung zu den Zeughäusern und die Fernsprechanlagen waren in voller Tätigkeit. Als dann Gewissheit geschaffen wurde, daß kein Brand vorliege, standen die Menschen in Bewunderung der herrlichen Erscheinung auf den Straßen oder an den Fenstern.

Im ähnlichen Sinn gingen uns auch aus Vöcklabruck, aus Bruckmühl (Hausruckkreis) und aus Sandt im Mühlviertel Berichte zu, wo überall das Nordlicht beobachtet wurde. Aus Mitterndorf im steirischen Salzkammergut schilderte man uns ebenfalls das Phänomen. Es zeigte sich dort in ganz besonderer Schönheit und die Schneebedeckten Berge waren in ein Rot getaucht, das an ein Alpenglühen von unheimlicher Leuchtkraft erinnert habe.

Das Nordlicht selbst, das wie schon erwähnt, im ursächlichen Zusammenhang mit der erdmagnetischen Strömung steht, ist noch ziemlich unerforscht. Es gibt allerdings einige Theorien, von denen eine ziemlich vollständig durch den Physiker Birseland aufgestellt worden ist, aber sie behielten eigentlich alle nicht recht. Die ganzen Erklärungen, die wohl in den folgenden Tagen über die gestrige Himmelserscheinung in der gesamten Breite auftauchen dürften, werden kaum den Kern des Problems berühren. Zurzeit sind ja bekanntlich auch die russischen Forscher auf der Station Nordpol, wie ihre riesige abtreibende Eisscholle genannt wird, damit beschäftigt, in das Geheimnis des Polarlichtes einzubringen.

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