Sonderberichte

Das Inferno von Ohlsdorf – Brand Steiner

unbenannt-3Ohlsdorf (Oö): Die Gemeinde Ohlsdorf liegt am nördlichen Rand des Bezirkes Gmunden in Oberösterreich. Für die rund 4.600 Einwohner der Gemeinde stehen die Freiwilligen Feuerwehren Ohlsdorf und Aurachkirchen mit ca. 130 Aktiven Mitgliedern Tag und Nacht zur Verfügung.

Das Jahr 2000 begann wie ein „normales“ Einsatzjahr. Mitte Jänner führte die Feuerwehr Ohlsdorf die Jahresvollversammlung durch, aber die Einsatzruhe wurde ab diesen Zeitpunkt abrupt beendet.

Chronik 2000:

  • 20. Jänner 2000: Brand Landwirtschaftliches Objekt – 14 Wehren mit 163 Mann konnten die Zerstörung eines Bauernhofes nicht mehr verhindern
  • 08. Februar 2000: Beginn einer Einsatzserie mit enormen Zeitaufwand. In einer Altreifendeponie brannte es über mehrere Wochen – Die Feuerwehren Ohlsdorf und Aurachkirchen standen bis in das Jahr 2001 im Einsatz um Endlich „Brand Aus“ melden zu können. Während dieser Zeit waren zwei Einsätze mit Alarmstufe 2 notwendig.
  • 04. Juli 2000: Hagelunwetter verwüstete die Gemeinde. Fast eine Woche stand die Feuerwehr Ohlsdorf und weitere 44 Wehren aus dem Bundesland Oberösterreich im Gemeindegebiet Ohlsdorf im Einsatz. Hier kann wirklich von einem Totalschaden einer Gemeinde gesprochen werden. Es gab fast kein Haus welches verschont geblieben ist.
  • Weitere 124 Einsätze mussten im Jahr 2000 von den Kameraden/innen der Feuerwehr Ohlsdorf abgearbeitet werden.

Ein Einsatz fehlt in dieser Chronik aus dem Jahr 2000 und so begann er…

…Freitag, 24. März 2000 – 23.25 Uhr. Gerade vom Bezirksfeuerwehrtag 2000 aus Ebensee heimgekommen kam die Alarmierung durch die damalige Bezirkswarnstelle Gmunden. „Brandmeldealarm bei der Firma ILD-MSD Austria ehem. Steco Steiner in Aurachkirchen“.

Dieses Alarmstichwort war nicht selten in unserer Gemeinde. Zahlreiche Fehlalarmierungen führten uns bereits seit Jahren mehrmals in das Betriebsgelände der Firma, welche im Westen der Gemeinde Ohlsdorf, genauer gesagt in der Ortschaft Aurachkirchen an der Aurach liegt. Das dieser Brand von der Größe her in die Geschichtsbücher des Bezirkes Gmunden eingehen wird, ahnte noch niemand.

Nach der Alarmierung rückten unverzüglich Kommando, Rüst-Lösch und Pumpe Ohlsdorf mit 26 Mann zur Einsatzadresse aus. Zahlreiche Kameraden in den Fahrzeugen sagten noch „In zehn Minuten sind wir wieder zu Hause“, bis die Fahrzeuge in die Ortschaft Irresberg einfuhren und ein gewaltiger Feuerschein die Nacht erhellte. Fast Zeitgleich wurde bei der ca. 5 Kilometer Langen Anfahrt durch Kommando Ohlsdorf die Alarmstufe 2 laut Sonderalarmplan ausgerufen. Nun waren sich alle Kameraden sicher dass dies nicht ein normaler Einsatz werden würde.

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Je weiter man in die Richtung der Firma kam, umso mehr gab es den Einsatzkräften einen ordentlichen Adrenalinschub. Flammen höher als die danebenführende Autobahnbrücke (ca. 50 Meter) schlugen in den schwarzen Himmel. Als das Kommandofahrzeug an der Einsatzstelle eintraf, gab es die nächste Alarmierung. „Alarmstufe 3 laut Sonderalarmplan plus Zusätzliche 5 Feuerwehren“. Zu diesem Zeitpunkt (ca. 23.32 Uhr), als gerade die ersten zwei Tankwägen (FF Ohlsdorf und FF Aurachkirchen) an der Einsatzstelle eintrafen, waren 17 Feuerwehren alarmiert.

Was brannte??
Auf dem riesigen Firmengelände stand im hinteren Teil ein Fußballfeld großes Zeltlager und Freilager in Vollbrand. Nahrung für das Feuer war genug gegeben. Millionen von Plastikkisten (klappbar) waren hier gelagert. Im Freilager türmten sich die Kisten bis zu 5 Meter hoch.

An der Einsatzstelle
Was sich in den ersten Minuten an der Einsatzstelle abspielte, ist kaum Vorstellbar. Alarmierte Firmenmitarbeiter versuchten den Maschinen- und Lkw Park zu retten, was auch gelang. Ein Mitarbeiter musste dabei mit einer Rauchgasvergiftung in das LKH Gmunden eingeliefert werden. Die ersten Tankfahrzeuge an der Einsatzstelle mussten alle samt wieder abrücken, da die Hitze innerhalb von Minuten so stark wurde und man Angst hatte das der Lack von den Fahrzeugen abrinnt.

Vom der Einsatzleitung wurden die Einsatzleiter HBI Hermann Leutgeb jun. (FF Ohlsdorf) und HBI Walter Rauch (FF Aurachkirchen) über die Eintreffenden Feuerwehrkräften informiert, welche sich in Absprache miteinander die Einteilung dieser koordinierten.

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Ziel
Hauptziel war es das Firmengebäude bestehend aus einem Büro und einer Lagerhalle zu retten. Das Freilager war bereits nach kurzer Zeit verloren. Durch den massiven Einsatz der Feuerwehren konnte dieses Vorhaben erfolgreich durchgeführt werden, obwohl das ganze mit Sicherheit glücklich passierte. Am Anfang kämpften die Einsatzkräfte nicht nur gegen das Feuer, sonder auch gegen den Wind welcher zum Glück drehte.

Weiterer Einsatzablauf
Nach rund einer Stunde waren alle Feuerwehren bereits voll in der Brandbekämpfung im Einsatz. Von allen Seiten wurde versucht den Brand Herr zu werden und um die angrenzenden Gebäude zu schützen. Durch die Hitze war dies nicht gerade ein leichtes Unterfangen, aber mit großem Kampfgeist der Einsatzkräfte konnten größere Sachschäden verhindert werden. Um weiter in das Freilager eindringen zu können, wurde mit einem Radlader und einem Stapler versucht eine Schneise zu schlagen. Dieses Vorhaben klappte wie im Lehrbuch.

Stromleitungen wurden zur Gefahrenquelle
Eine genau über der Einsatzstelle hängende 110 KV Leitung der Energie AG Oberösterreich schmolz durch die Enorme Hitze. Die Drähte dieser schlugen mit enormer Wucht in den Boden auch und zogen stellenweise Krater von rund einem halben Meter mit sich. Die darunter stehenden Einsatzkräften konnten rechtzeitig von den Einsatzleitern informiert werden und konnten in Sicherheit gebracht werden. Auch die Stromleitung der Salzkammergut- Bahnstrecke wurde stark in Mitleidenschaft gezogen.

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Polizei und Rettung im Einsatz
Nachdem die Flammen über die angrenzende Autobahnbrücke schlugen, verwandelte sich diese zu einem wahren Parkplatz für Schaulustige. Die A1 musste darauf hin für den Verkehr gesperrt werden und die Brücke wurde von der Autobahnpolizei Seewalchen geräumt. Das Rote Kreuz Gmunden übernahm die Erstversorgung vor Ort und die Dienststelle Ebensee rückte mit der mobilen Feldküche an, um die über 300 Einsatzkräfte zu versorgen.

Evakuierung über das Radio
Das Polypropylen der Kisten verbrannte mit der Bildung großer Mengen an gefährlichem  Kohlenmonoxid. Ab Mitternacht wurde über Radio die Bevölkerung über den Brand informiert und angehalten, Fenster und Türen Sicherheitshalber zu schließen. Kein leichtes Unterfangen wenn man bedenkt dass der Einsatz mitten in der Nach stattgefunden hatte. Im 40 Kilometer entfernten Kirchdorf ging teilweise am nächsten Tag die Rauchwolke als schwarzer Regen nieder.

Brand unter Kontrolle und Brand Aus
Um ca. 01:30 Uhr konnte am 25. März 2000 der Brand unter Kontrolle gebracht werden. Fast schon im Morgengrauen konnte vom Einsatzleiter „Brand Aus“ gegeben werden. Nach und nach rückten die Alarmierten Einsatzkräfte wieder ab.

Positive und Negative Anmerkungen
Positiv anzumerken ist die sehr gute Zusammenarbeit mit den Feuerwehren auch über den Bezirksgrenzen hinaus. Auch die Arbeit mit dem Roten Kreuz verlief wie am Schnürchen. Die einzige Kritik die bei diesem Einsatz zu Stande kam, war die fehlende Funkverbindung mit den Einsatzkräften aus dem Nachbarbezirk. Im Jahr 2000 waren nur selten Funkgeräte mit Bezirksfrequenzen der Nachbarbezirke ausgestattet, dies hat sich aber nach diesem Einsatz schlagartig geändert.

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Löschwasserversorgung
Die Löschwasserversorgung wurde bei Einsatzbeginn mit den anwesenden Tankwägen durchgeführt. Nach und nach wurden unzählige Leitungen zum nahen Badesee und zur Aurach gelegt. Die am Firmenareal angebrachten Löschwasserbehälter waren nicht lange in Betrieb, da das geschmolzene Plastik in diese gelangte und teilweise die Saugkörbe verstopfte.

Gesamtgerätschaften:
44 schwere Atemschutzgeräte, 3860 Meter B- Schläuche, 775 C- Schläuche, 8 Wasserwerfer & 10 Tragkraftspritzen

Einsatzkräfte: (Feuerwehr/Mann/Fahrzeuge)
FF Ohlsdorf/26/3, FF Aurachkirchen/18/2, FF Gmunden/20/4, BTF Steyrermühl/12/4, FF Altmünster/16/3, FF Pinsdorf/28/3, FF Regau/8/1, FF Rutzenmoos & LZ Neudorf/30/3, FF Windern/18/2, FF Desselbrunn/9/1, FF Laakirchen/18/3, FF Sicking/16/2, FF Puchheim/15/3, FF Wiesen/19/2, BTF Hatschek/10/3, FF Gschwandt/26/4, FF Oberweis/13/3

Gesamt: 17 Feuerwehren mit 302 Mann und 43 Fahrzeugen

Weitere Kräfte:
RK Gmunden, RK Ebensee, Polizei Gmunden, Autobahnpolizei Seewalchen, BFK Kdt. OBR Robert Benda, AFK Kdt. Christian Huemer, Bgm. Wolfgang Spitzbart, BVS Linz, LFKDO, BH Gmunden, ÖBB, Energie AG

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